zaterdag 2 mei 2009

Gebet

Ich bete wieder, du Erlauchter
du hörst mich wieder durch den Wind,
weil meine Tiefen nie gebrauchter
rauschender Worte mächtig sind.

Ich war zerstreut; an Widersacher
in Stücken war verteilt mein Ich.
O Gott, mich lachten alle Lacher,
und alle Trinker tranken mich.

In Höfen hab ich mich gesammelt
aus Abfall und aus altem Glas,
mit halbem Mund dich angestammelt,
dich, Ewiger aus Ebenma
ß
Wie hob ich meine halben Hände
zu dir in namenlosem Flehn,
da
ß ich die Augen wienderfände
mit denen ich dich angesehn.

Ich war ein Haus nach einem Brand,
darin nur Mörder manchmal schlafen,
eh ihre hungerigen Strafen
sie weiterjagen in das Land;
ich war wie eine Stadt am Meer,
wenn eine Seuche sie bedrängte,
die sich wie eine Leiche schwer
den Kinder an die Hände hängte.

Ich war mur fremd wie irgendwer
und wu
ßte nur von ihm, daß er
einst meine junge Mutter kränkte,
als sie mich trug,
und da
ß ihr Herz, das eingeengte,
sehr schmerzhaft an mein Keimen schlug.

Jetzt bin ich wieder afgebaut
aus allen Stücken meiner Schande
und sehne mich nar einem Bande,
nach einem einigen Verstande,
der mich wie ein Ding überschaut, --
nach deines Herzens gro
ßen Händen --
(o kämen sie doch auf mich zu)
ich zähle mich, mein Gott, und du,
du hast das Recht, mich zu verschwenden.

(Rainer Maria Rilke)

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